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DJV-Bezirksverband Pfalz zeichnete Rafik Schami aus

Ein "Mosaik der Fremde" entworfen

12.06.2016

Rafik Schami als fesselnder Erzähler. Er wurde von Ilja Tüchter, Vorsitzender des DJV-Bezirksverbandes Pfalz in der Villa Edenkoben vor rund 100 Gästen mit der 50. Goldene Zeile geehrt. Fotos: Andreas Danner

Der Deutsche Journalistenverband (DJV), Bezirksverband Pfalz, verlieh Autor Rafik Schami die 50. „Goldene Zeile“. Die Villa Ludwigshöhe in Edenkoben bot den feierlichen Rahmen für die Würdigung des prominenten „Jubiläumspreisträgers“ vor rund 100 Gästen. Außerdem erhielt Gerd Lenhart die Ehrennadel des DJV-Landesverbandes Rheinland-Pfalz.

"Verzeih’ deinen Feinden, denn nichts verärgert sie mehr.“ Mit diesen Worten beendete der im deutschen Exil lebende Syrer Suheil Fadél seine lebendige Ansprache vor rund 100 Gästen aus Politik, Justiz und Medien, die ihm lange stehend Beifall zollten. Ihm hat der Bezirksverband Pfalz im Deutschen Journalistenverband (DJV) die 50. Goldene Zeile verliehen. Bekannt ist der Schriftsteller unter seinem Künstlernamen: Rafik Schami. Er erhielt seine Auszeichnung am Samstag auf die Villa Ludwigshöhe oberhalb von Edenkoben. Schamis Werk umfasst mehr als 70 Bücher, übersetzt in 29 Sprachen, die Millionen Leser gefunden haben. Die furchtbare Diktatur in seinem Heimatland hat ihn nach eigener Aussage dazu veranlasst, seine Familie und Freunde zurückzulassen und 1971 nach Heidelberg zu gehen. Er studierte zunächst Chemie und promovierte 1979. Mit einem Schatz im KofferDoch in seinem Koffer hatte sich bei seiner Einreise auch ein Schatz befunden. Nichts jedoch, was einen verwunderten freundlichen Zollbeamten in Frankfurt zum Einschreiten gezwungen hätte. Es handelte sich vielmehr um einen „Schatz aus Papier“, Hefte mit Kurzgeschichten und modernen Märchen, zwei fast fertige Romane und den Entwurf eines Romans, der 33 Jahre später, 2004, erscheinen sollte: „Die dunkle Seite der Liebe“. Heute lebt der 69-jährige Schami von diesem Schatz. Nach seinem Studium arbeitete der Exil-Syrer allerdings zuerst bei einem großen Chemieunternehmen in Leverkusen, fünf Tage die Woche. Die zwei übrigen Tage verbrachte er in Heidelberg mit intensivem Schreiben. „Das ruinierte meine Gesundheit“, sagt Rafik Schami heute und beherzigte damals den Rat seines Arztes, sich zu entscheiden. Er schreibt. Anfangs auf Arabisch. Doch Verleger aus der arabischen Welt lehnten die Werke des Exilsyrers ab. Die darin formulierte Kritik an der syrischen Staatsspitze gilt ihnen als Verrat. Daraufhin übte er sich im literarischen Schreiben auf Deutsch, für ihn die fünfte Fremdsprache, „Eine schöne Sprache.“ Allerdings mit Schwächen, wie Schami hinzufügt. Die Sprache hat für sein Gefühl zu viele Hauptwörter, es werden zu wenige Adjektive verwendet. „Ich liebe Adjektive.“ Fünf, sechs könnten es pro Satz sein. Außerdem gibt es zu viele Artikel: der, die, das. „Wir haben im Arabischen kein Neutrum.“ Dass dies irritierend sein kann, macht er an einem Beispiel fest: „Das schöne Mädchen. Ich gebe ihm einen Kuss. – Das ist fast männlich.“ Dafür, dass es dann mit dem Schreiben auf deutsch so gut geklappt hat und „dass alles so gut geworden ist, wie ich es mir erträumt habe“, dankt er ausdrücklich seinen Lektoren. „Ich wollte erzählen, auch ausschweifend“, beschreibt er eine Leidenschaft. Dieser frönte er auch in Edenkoben in seiner Dankesrede, jedoch ohne auch nur einen Augenblick langatmig zu werden. Sehr zur Freude der Zuhörer, die gebannt an seinen Lippen hingen und immer wieder über die eine oder andere Anekdote schmunzeln mussten. Einiges brachte sie aber auch zum Nachdenken. "Seit ich auf Deutsch schreibe, ist die Angst weg" Früher sei er es gewohnt gewesen wegen möglicher Anfeindungen seitens des Regimes „doppelbödig zu schreiben“, Dinge nur anzudeuten, so Schami. Seit er auf Deutsch schreibt, ist diese Angst weg. Der Schriftsteller entwarf vor seinem Publikum ein „Mosaik der Fremde“. Und erklärte es augenzwinkernd: „Wenn ich mich in meiner Rede verlaufe, kann ich einen Stein überspringen, ohne dass sie es merken.“ Die Sprache war eines dieser Mosaiksteine. Sein Leben in der syrischen Opposition – „ein einsames Leben“ - ein anderer.„Als ich vor etwas mehr als fünf Jahren erstmals Rafik Schami interviewte, war er voller Hoffnung, ob des Mutes der Syrer, die Tyrannei gegen die Demokratie zu tauschen“, erzählt Laudator Ilja Tüchter, Redakteur der RHEINPFALZ und Vorsitzender des DJV-Bezirksverbandes Pfalz. Der arabische Frühling war angebrochen. Man saß in einem Eiscafé in Mannheim. Schami wisse unnachahmlich zu erklären, welche Hürden die islamische Welt auf ihrem Weg zur Demokratie zu überwinden habe: den Islam, die Sippe, den Postkolonialismus. Nicht nur in seinen Büchern, sondern auch gegenüber der Presse. Seine Sicht mache Schami in „einfacher wie griffiger und farbenfroher Sprache“ begreiflich, was „ihn zu einem perfekten Interviewpartner“ mache. Ein wahrer „Freund der Presse“ und damit ein würdiger Preisträger der „Goldenen Zeile“. Der Wahrheit und der Kraft des Wortes verpflichtet Rafik Schami war früher selbst Journalist gewesen. Erst als Teenager bei einer kommunistischen Jugendzeitschrift, für die Suheil Fadél erstmals unter dem Pseudonym Rafik Schami schrieb. Sie wurde verboten, weil sie angeblich zu viel über Sexualität gebracht habe, rücksichtslos gegen die Religion und zu elitär gewesen sei. Daraufhin warf der Sohn wohlhabender Eltern hin und gründete seine eigene Zeitung; Schami arbeitete als Lokalredakteur, bis auch diese Zeitung 1969 der Zensur zum Opfer fiel. Die aufrechte Haltung Schamis nannte Tüchter mit als Grund dafür, dass ihm der DJV-Bezirksverband die Goldene Zeile verliehen habe. Und weil er an „die Regeln glaubt, auf die er sich mit seinem Gegenüber geeinigt hat. Weil er der Wahrheit und der Kraft des Wortes verpflichtet geblieben ist.“ Die Entscheidung sei ganz schnell für Rafik Schami gefallen, sagte Katja Hein. „Innerhalb nur einer Minute.“ Sie ist Vorsitzende der Kommission Goldene Zeile, die seit 1968 Jahr für Jahr Persönlichkeiten auswählt, um sei auszuzeichnen für ihr gutes Verhältnis zu Journalisten - Freunde der Medien. Sie hält es für ganz wichtig, dass Journalisten sehr sorgfältig mit dem Vertrauen umgehen, das ihnen ihre Gesprächspartner entgegenbringen. Schließlich seien sie auf gute und verlässliche Informationen angewiesen. Sie ist stolz auf ihren Landkreis Südliche Weinstraße, der dem DJV für seine Preisverleihung einen solch besonderen Ort wie die Villa Ludwigshöhe bieten könne. Daraus machte Landrätin Theresia Riedmaier in ihrem Grußwort keinen Hehl. Sie sei aber auch stolz auf den aus „ihrem“ Landkreis stammenden verstorbenen Dieter Hörner, der zu den Initiatoren der Goldenen Zeile zählt und viel für die Südliche Weinstraße getan habe. In der Nachbarschaft der Wiege der deutschen Demokratie, des Hambacher Schlosses, wies die DJV-Landesvorsitzende Andrea Wohlfart in ihrem Grußwort darauf hin, dass die Meinungs- und Pressefreiheit immer wieder erkämpft werden will, wenngleich das Transparenzgesetz der Landesregierung gute Voraussetzungen für Offenheit zwischen Bürgern und Behörden gesorgt habe. Ehrennadel für Gerd Lenhart Die Ehrennadel des DJV-Landesverbandes heftete Tüchter Gerd Lenhart, dem Ex-Bezirksverbandsvorsitzenden der Pfalz und langjährigen Vorsitzenden der Kommission Goldene Zeile, ans Revers. Lenhart sei nach wie vor ein zuverlässiger Ansprechpartner für seine Kollegen, würdigte Tüchter die Verdienste des Speyerers und ehemaligen RHEINPFALZ-Redakteurs. Zudem ehrte er anlässlich des Zeilejubiläums die rund zehn anwesenden Preisträger mit einer Anstecknadel, die sie an ihre Auszeichnung erinnern soll. Nachdem der letzte Ton des von Silke Becker (Klavier) und Dirk Becker (Trompete) gespielten Musikstücks verklungen war, beide sind Schüler der Kreismusikschule der Südlichen Weinstraße und wurden mit sehr viel Applaus für ihre tolle Darbietung bedacht, ging es hinaus auf die Terrasse der Villa Ludwigshöhe, wo die Feier bei Wein, einem Imbiss und guten Gesprächen ausklang. Michael Gottschalk

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